Das Depot der profitablen Unternehmen oder wie finde ich Qualitätsaktien?Als schreibender Gast möchte ich mich kurz vorstellen. Mein Name ist Lars Hattwig und befasse mich seit über 10 Jahren mit Aktien. Anfang 2015 habe ich mein Angestelltenverhältnis beendet und kümmere mich seitdem um meine Investments und bin nebenbei vor allem im digitalen Business unterwegs.

Seit 2010 betreibe ich mehrere Webseiten zum Thema Börse und Geld und ich habe mittlerweile zahlreiche Bücher veröffentlicht. Die meisten kennen mich von meinem Blog finanziell umdenken, aber meine eigentliche Hauptseite ist www.passivergeldfluss.de. Dort findet ihr auch das heutige Thema dieses Artikels wieder.

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Meine Motivation des hier vorgestellten Verfahrens

Ein Anleger, der in aussichtsreiche Qualitätsaktien investieren möchte, steht zunächst einmal vor einem riesengroßen Berg von börsennotierten Unternehmen. Alleine in Deutschland gibt es mehrere hundert Unternehmen, von denen Anleger Aktien kaufen können. Der prominente DAX bildet hier nur die Spitze des Eisbergs.

Die Anzahl im sogenannten CDAX enthaltenen Unternehmen beträgt zur Zeit über 400. Die großen europäischen und US-amerikanischen Indizes StoxxEurope 600 und S&P 500 beinhalten 500 bis 600 Aktien. Die Technologie-Börse der Vereinigten Staaten Nasdaq Composite kann aktuell sogar 2.600 Aktien vorweisen. Und damit haben wir bislang lediglich Zahlen aus Europa und den USA betrachtet, bei denen kleine Unternehmen lediglich teilweise berücksichtigt worden sind, ganz zu schweigen vom großen anderen Teil der Welt.

Buchautor Lars HattwigSchätzungen gehen von 30.000 bis 35.000 Firmen aus, die in irgendeiner Form börsennotiert sind. Um wieder zur Ausgangsfrage zurückzukehren, muss ein Anleger aus mindestens mehreren tausend Aktien eine Auswahl treffen, was er sich in sein Portfolio kaufen möchte. Und solch ein Anleger bin auch ich selbst seit über 10 Jahren. Mit allen möglichen Hilfsmitteln wie Charttechnik und Analystenmeinungen oder Höhe der Dividendenrendite habe ich versucht gute Aktien zu finden.

Meine Erfahrung war jedoch, dass bei hohen Dividendenrenditen, die Dividendenzahlungen ziemlich oft gekürzt wurden. Oder aber meine Aktie verlief schlechter als der Gesamtmarkt. Natürlich kann man bei einer Auswahl von Aktien nicht völlig ausschließen eine Niete zu erwischen. Aber mich haben Möglichkeiten interessiert, um eben das Risiko zu reduzieren ein schwaches Unternehmen ins eigene Portfolio einzukaufen.

Einfache Standardlösung via ETF

Nun könnte man es sich ganz einfach machen und sagen, ich möchte mir keine Gedanken darübermachen und nehme einfach alle Unternehmen in mein Depot auf. Das kann ein Anleger bequem mittels weniger ETFs umsetzen, die zudem ziemlich kostengünstig sind.

Allerdings holt sich ein Anleger mit einem weltweiten Aktien-ETF sowohl die erfolgreichen als auch die weniger gut performenden Unternehmen ins eigene Depot. Daher ist nicht nur mein Wunsch, sondern auch der vieler Marktteilnehmer verständlich, keinen „Gemischtwarenladen“ kaufen zu wollen. Sondern ich möchte Qualitätsaktien erwerben, die sich bereits in irgendeiner Weise bewährt haben.

Dividenden-Aristokraten sind auch Qualitätsaktien

Ein beachtliches Qualitätsmerkmal ist eine über Jahre hinweg ansteigende Dividendenauszahlung an Investoren. Im Idealfall liegt die Ausschüttung zwischen 30 und 70 Prozent des erzielten Gewinns, so dass noch genug Geld im Unternehmen bleibt, um Rücklagen aufzubauen oder neue Investitionen durchzuführen.

Aktien, die über mehr als zehn Jahre diese Form der Gewinnausschüttung praktizieren werden auch Dividenden-Aristokraten genannt.

Wachstums-Unternehmen

Dividenden-Aristokraten zeichnen sich gerade dadurch aus, dass deren Geschäftsmodell bereits seit etlichen Jahren gut funktioniert. Was einerseits ein Qualitätsmerkmal ist, kann in der heutigen immer schnelllebigeren Zeit bald Attribute wie „angestaubt“, „veraltet“ oder „wenig dynamisch bekommen“.

Ein Vergleich von Wachstums-Unternehmen, die sich vorwiegend im Nasdaq Composite aufhalten und traditionellen Industrie-Unternehmen zeigt eine Outperformance des Technologie-Index im Vergleich zum Dow Jones Industrial Average.

Auch ein Blick auf die Gewichtung im breiten US-Aktienindex S&P 500 ist sehr aufschlussreich. Unter den Top 10 Konzernen mit der höchsten Gewichtung im Index befinden sich neben Apple und Microsoft auch Amazon, Facebook und Alphabet (Mutterkonzern von Google). Microsoft zahlt bereits seit einigen Jahren eine regelmäßige Dividende, Apple ist vor wenigen Jahren nachgezogen, aber die anderen drei genannten Konzerne sind jedem bekannt und bestimmen einen Großteil unseres Lebens.

Außer Microsoft fallen jedoch alle genannten Unternehmen von globaler Bedeutung durch das Raster der Dividenden-Aristokraten, weil entweder die Dividendenhistorie noch zu kurz ist oder überhaupt noch keine Dividende gezahlt wird.

Aristokraten + Wachstums-Unternehmen führt zum „Depot der Profitablen Unternehmen“

Junge dynamische Wachstums-Unternehmen und solide Dividenden-Aristokraten, das wäre doch eine tolle Kombination, oder? Einerseits erhält ein Anleger einen regelmäßigen Ertrag als passives Einkommen, auf der anderen Seite partizipiert er auch von Kurssteigerungen der Wachstumsunternehmen. Wie bekommt man das jetzt am besten hin, war meine Frage?

Die Idee ist, dass eine Vielzahl von Qualitätsaktien mehrere Kriterien durchlaufen müssen. Dabei sind Dividendenrendite und Dividendenwachstum zwar eine wichtige, aber jeweils nur eine einzelne Komponente zur Auswahl von Unternehmen. Denn was viele Investoren an Unternehmen am meisten interessiert, ist die Gewinnmarge. Ist der Markt besonders hart umkämpft oder ist das Geschäftsmodell – zunächst einmal unabhängig von den Gründen – nicht profitabel? Auf diese Frage erhält man mit den Größen: Return on Equity RoE (Eigenkapitalrendite) und Return on Assets RoA (Kapitalrendite) eine rasche Antwort. Die Kennzahl Return on Asset RoA ist ja auch Bestandteil der Börsen-Zauberformel.

Die Profitabilität eines Unternehmens spielt nach meiner Erfahrung für Investoren eine wichtige Rolle. Dies ist schon daran zu erkennen, wenn deren Aktienkurse trotz bereits ambitionierter Bewertungen des Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV) und Kurs-Cashflow-Verhältnisses (KCV) immer weiter steigen können oder zumindest eine bessere Performance zeigen als der Gesamtmarkt. Novo Nordisk, Fielmann oder Starbucks sind einige prominente Beispiele.

Interessant ist für Investoren natürlich auch die Frage, wieviel Geld ein Unternehmen zur Verfügung hat. Hier gibt die Eigenkapitalquote einen guten Hinweis. Ist die Eigenkapitalquote zu niedrig oder gar negativ besteht eine nicht unerhebliche Gefahr, dass bei veränderten Marktbedingungen keine Liquiditäts-Reserven verfügbar sind und Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten kommen können. Ist die Eigenkapitalquote jedoch zu hoch, wirkt sie sich negativ auf die Eigenkapitalrentabilität RoE aus.

Eine hohe Liquidität zu besitzen und ein rentables Geschäftsmodell zu betreiben sind schon einmal gute Voraussetzungen zum Erfolg. Effizienzsteigerung und Sparmaßnahmen sind einerseits gut, aber begrenzt die Möglichkeiten eines Unternehmens, wenn es nicht wächst. Wachstum und das Erschließen weiterer Märkte lässt sich u.a. an der Umsatzentwicklung ablesen. Positiv ist eine über mehrere Jahre ansteigende Umsatzentwicklung.

Hinzu kommen noch die Kriterien „Entwicklung operativer Cashflow“, „Veränderung Gewinn pro Aktie zum Vorjahr“ und die Kursentwicklung der Aktien in den zurückliegenden drei Monaten. Die Kursentwicklung kann vorzeitig einen Eindruck geben, ob irgendetwas mit der Aktie nicht in Ordnung ist, was sich zu diesem Zeitpunkt noch in den anderen Kennzeichen zeigt.

Ideal ist ein moderater Kursanstieg in den letzten drei Monaten (Ku3M+), der mit einem Pluspunkt belohnt wird. Sollte der Kursanstieg in den zurückliegenden drei Monaten zu hoch gewesen sein, besteht die Wahrscheinlichkeit einer Übertreibung und somit erhält das Unternehmen einen Minuspunkt. Punktabzüge erfolgen zudem bei deutlichen Kursverlusten.

Nach Ermittlung der Qualitätskriterien werden je nach Überschreiten von Grenzwerten Plus- oder Minuspunkte verteilt und anschließend aufsummiert. Als Ergebnis erhält jedes Unternehmen eine konkrete Gesamtpunktzahl. Je höher die Gesamtpunktzahl desto mehr Qualitätskriterien wurden erfüllt und desto mehr bietet sich eine Aktie zum Kauf an. Aktuell sind 5 Gesamtpunkte und höher ein Kaufsignal, negative Gesamtpunktzahlen ein Verkaufssignal. Der Bereich von 0 bis 4 Punkte bedeutet eine Halteposition.

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Was sind die Vorteile?

  • Unternehmen mit Kaufsignalen erfüllen eine Reihe von Qualitätskriterien
  • Auch jüngere Firmen mit einem erfolgreichen Geschäftsmodell können mit ins Portfolio gelangen.
  • Es gibt klare und objektive Kauf- und Verkaufssignale.
  • Aus der eigenen Sicht nicht relevante Kriterien können weggelassen oder untergewichtet werden

Dieser Ansatz der quantitativen Analyse ist grundsätzlich nicht neu und erhielt durch die ehemalige Fondsmangerin Susan Levermann eine neue Ebene der Bekanntheit. Was mir an ihrem schon guten Ansatz fehlte, war die Berücksichtigung von Dividendenrendite und Dividendenwachstum.

Was mir nicht zusagte, waren Einschätzungen von Analysten. Zukünftige Aussichten eines Unternehmens finden lediglich im dreimonatigen Kursverlauf eine Berücksichtigung, sofern „große Gelder“ schon vor der Öffentlichkeit mehr wissen sollten. Auch an einigen anderen Stellschrauben wie den konkreten Grenzwerten habe ich den Ansatz noch etwas verändert und weiterentwickelt.

Was hat nun ein Privatanleger konkret davon?

Schauen wir uns an, wie die Ausführungen weiter oben in der Praxis aussehen. Dazu greife ich einen Ausschnitt aus der aktuellen Liste heraus, mit Unternehmen, die sich von der Platzierung her im oberen Mittelfeld befinden. Ganz rechts steht die Gesamtpunktzahl und damit sind dies Aktien, die nach den hier gültigen Regeln zwar eine solide Halteposition sind, sofern diese im eigenen Depot sind, aber gerade eben keine Kaufgelegenheiten.

Das Depot der Profitablen Unternehmen oder wie finde ich Qualitätsaktien?

Gehen wir am Beispiel von BlackRock die einzelnen Kriterien einmal durch. Zunächst einmal liegt die Dividendenrendite bei 3,2 Prozent und der Konzern konnte die Dividendenzahlung in den letzten 5 Jahren jeweils steigern. Die „1“ rechts daneben bedeutet einen weiteren Pluspunkt, weil das mittlere Dividendenwachstum in den vergangenen fünf Jahren mindestens 8 Prozent betrug. Also aus Sicht eines Dividendenfreundes schon ein interessanter Aktien-Titel. KGV und KCV liegen im neutralen Bereich, also es liegt keine signifikante Über- oder Unterbewertung vor. Ein Feld weiter rechts ist die Umsatzentwicklung der vergangenen Jahre und hier konnte BlackRock seit 5 Jahren seinen Umsatz lückenlos jährlich steigern. Beim operativen Cashflow gab es jedoch einen Rückgang zum Vorjahr, was von der Punktzahl her als neutral gewertet wird.

Als nächstes kommen wir in der Spalte RoE zur Eigenkapitalrendite, die in diesem Fall in Ordnung ist, aber auch nicht übermäßig üppig ausfällt. Bei der Kapitalrendite gibt es bei Finanzdienstleister, zu denen auch Versicherer gehören, eine Regelausnahme. Normalerweise ist ein Wert von 1,3 Prozent sehr mager und hätte einen Minuspunkt zur Folge. Allerdings ist bei Finanzdienstleistern gerade das Geschäftsmodell anderen Firmen Geld zu borgen und auch Kredite zu genehmigen, die durch vorhandenes Eigenkapital größtenteils nicht gedeckt sind. Daher auch die niedrige Eigenkapitalquote in der Spalte „Eq Rat“. Somit gibt es hier in dem Fall für die niedrige Eigenkapitalrendite keinen Minuspunkt, da sonst sämtliche Finanzdienstleister ein dauerhaftes Handicap hätten und kaum eine Chance zum Kaufsignal bekämen.

EPS steht für Earnings per Share und vergleicht den Gewinn pro Aktie mit dem Vorjahr. Hier gab es bei BlackRock eine Erhöhung des Gewinns pro Aktie. Weiter rechts in der Spalte vor der Gesamtpunktzahl ist die Kursentwicklung der zurückliegenden 3 Monate zu entnehmen. Ein Minus von 8 Prozent ist noch im neutralen Bereich.

Eine Liste der Top 125 Aktien gibt es mindestens einmal pro Monat aktualisiert als pdf oder Excel auf der Seite der Profitablen Unternehmen.

Bringt das alles wirklich was?

Dass der Ansatz insgesamt erfolgsversprechend ist zeigt der folgende Vergleichs-Chart. Nach dem oben genannten Vorgehen werden einmal pro Monat die Aktien mit Kaufsignale in das sogenannte Profit-Depot gekauft. Bei Unterschreitung der Gesamtpunktzahl von 0 Punkten muss die entsprechende Aktie das Depot wieder verlassen. Derzeit sind 47 Aktien im Profit-Depot enthalten. Ziel ist es mit dem Profit-Depot die beiden großen Indizes S&P 500 und StoxxEurope 600 zu übertreffen.

Der aktuelle Status seit dem Juni 2014 sieht folgendermaßen aus. Die schwarze Kurve ist der Verlauf des Profit-Depots, die blaue Kurve der StoxxEurope 600 und die rote Kurve der S&P 500.

Das Depot der Profitablen Unternehmen oder wie finde ich Qualitätsaktien?

Ich hoffe, ich konnte dir einen Einblick geben, wie ich eine für mich passende Lösung gefunden habe Qualitätsaktien zu kaufen, aber auch wieder zu verkaufen, wenn sie meinen Anforderungen nicht mehr entsprechen. Damit habe ich immer eine hohe Qualität in meinem Depot und vermeide schwache Aktien zu lange als Depotleichen zu behalten.

An dieser Stelle möchte ich mich fürs Lesen bis zum Ende des Artikels und bei Alex Fischer für die Veröffentlichung hier im Blog bedanken.